Risiko, die zweite

M: Chefe?
Ch: Jaaa?
M: Ich hab’s rausgekriegt.
Ch: Was denn – und was soll der Krach schon wieder?
M: Der passt zu meiner Entdeckung.
Ch: Mach’s nicht so spannend!
M: Euer Bedürfniss nach Sicherheit ist Euer Untergang!
Ch: Quatsch, das bewahrt uns davor – sagen zumindest die meisten.
M: Selber Quatsch! Schon Euer Nationaldichter Schiller hat gesagt:
‚Was ist die Mehrheit? Mehrheit ist der Unsinn.
Verstand ist stets bei wenigen nur gewesen.
Bekümmert sich ums Ganze, wer nichts hat?
Hat der Bettler eine Freiheit, eine Wahl?
Er muß dem Mächtigen, der ihn bezahlt,
um Brot und Stiefel seine Stimm‘ verkaufen.
Man soll die Stimmen wägen und nicht zählen.
Der Staat muß untergehn, früh oder spät,
wo Mehrheit siegt und Unverstand entscheidet.‘
Ch: Und was hat das mit Deiner Entdeckung zu tun?
M: Bei Euch entscheidet oft genug der Unverstand!
Ch: Und was hat das mit Sicherheit zu tun?
M: Du bist schwer von Begriff …..
Mit dem Hinweis auf Sicherheit und Gefahrenabwehr lässt sich doch so ziemlich jeder Blödsinn an die Leute verkaufen.
Ch: Du übertreibst.
M: Nö – eher das Gegenteil. Das gängige Muster Eurer Politiker ist doch immer dasselbe: Erst wird eine fürchterliche Gefahr ausgemalt, dann wird erklärt, daß Ihr davor bewahrt werden müsst und dann wird ein neuer Messias präsentiert, der Euch vor der unweigerlich eintretenden Katastrophe rettet. Leider müsst Ihr dafür ein paar Einschränkungen hinnehmen. aber hey, alles nicht so schlimm, es ist für die ‚Gute Sache‘.
Ch: Hmmm ….
M: Nix Hmm – Ihr seid unfähig, Risiken und die Wahrscheinlichkeit, daß sie auch eintreten, korrekt abzuschätzen.
Ch: Kann sein ….
M: Nix kann sein. Mal ein Beispiel: im häuslichen Umfeld kommen mehr als 3x soviel Menschen zu Tode, wie im Strassenverkehr.  Eure Politiker faseln ständig davon, sie müssten die Gefahren des Strassenverkehrs auf Null reduzieren. Die meisten glauben denen. Keiner kommt auf die Idee, Hausarbeit zu verbieten.
Ch: Du argumentierst absurd.
M: Keinesfalls – Ihr macht absurdes Theater.
Noch einer: Es gibt doch tatsächlich ganz viele Menschen, die glauben, völlige Sicherheit sei ein anzustrebendes Ziel.
Ch: Scheint ein Grundbedürfnis zu sein.
M: Blödsinn – das ist Realitätsverweigerung. Sowas gibts nicht.
Ch: Worauf willst Du hinaus?
M: Akzeptiert, daß es überall und immer Risiken gibt und lernt, die korrekt einzuschätzen.
Ch: Aber wenn uns doch die Politiker die Risiken abnehmen….
M: Hast Du was gespritzt? Wer völlige Sicherheit anstrebt, oder verspricht, oder solchen Versprechungen glaubt, sollte nicht nur keinen Hund haben dürfen, sondern ist auch ein Fall für die geschlossene Anstalt.
Ch: Jetzt haust Du aber auf die K***!
M: Hältst Du die Wahrheit nicht aus?
Ch: Hast ja Recht…..
M: Brauch‘ ich nicht – aber wenn Ihr vor lauter Sicherheitsbedürfnis irgendwelchen Katastrophikern hinterherlauft, gebt Ihr zuerst Eure Freiheit und dann Euch selbst auf. Von da ist es nicht mehr weit, bis Ihr Euch dann abschafft und wir Hunde die Welt beherrschen.
Ch: Und Ihr macht das dann besser?
M: Klar – wir würden nie einen Wert über alle anderen Werte stellen, wenn wir Wichtiges entscheiden müssen. Wir wissen nämlich, daß durch einen Wert als Trumpf, der alle anderen Werte aussticht, eben diese anderen Werte entwertet werden.  Das wir dauf mittlere Sicht das Rudel zerstören. Aber was soll Hund schon von Euch Menschen erwarten?
Ch: Futter?
M: Das können wir auch bequem selber jagen.