Ist ja nicht so, daß wir zur Zeit nicht genug Herausforderungen haben. Krieg in Europa, Klimarettung, infolge von beidem Inflation und eine möglicherweise bevorstehende grundlegende Änderung der bisher ‚gewohnten‘ Weltordnung. Erschreckend, finde ich, wie damit umgegangen wird – sowohl von Seiten der Medien, der Politik und auch in der Bevölkerung.
Ein Schlaglicht warf eine kleine Versammlung von Menschen, auf der ich fragte, ob jemand der Anwesenden Ukraine Kriegsflüchtlinge aufnehmen können und wolle.
Das Ganze nahm einen für mich völlig überraschenden Lauf. Diese einfache Frage, ob jemand imstande und willens sei, geflüchteten Ukrainischen Zivilisten eine Zuflucht zu geben, endete in einer Diskussion, wer denn jetzt Schuld daran sei, daß der Machthaber Russlands das Land überfallen hat.
Erwartet hatte ich maximal ein paar kurze Aussagen, ob sich jmd imstand sieht, hier zu helfen oder eben nicht. Beides kann durchaus seine Gründe haben und ist dann auch o.k.
Ich bekomme dann am nächsten Morgen eine Mail nachgeschickt, in der mir erklärt wird, Selensky sei ein ‚Zündler‘ der versagt habe. Die Ukrainer müssten ihr Land aus dem Schwellenlandstatus herausholen und lernen, ihre Politik selbst zu machen. War vor 4 Jahren in der Ukraine – um Land und Leute etwas kennen zu lernen. Ja, Polen hat in der gleichen Zeit ganz andere wirtschaftliche Fortschritte erzielt. Aber die Anstrengungen der Menschen, etwas zu bewegen waren deutlich zu sehen. Jetzt ist das alles infrage gestellt. Die oben zitierte Aussage halte ich für zynisch arrogant oder einfach dumm. Weil erstens können sie das grade als Überfallene nicht und zweitens war uns die Ukraine als ‚Bollwerk‘ gegen Russland mehr als willkommen.
In derselben Mail wird Putin als fähiger aber skrupelloser Politiker charakterisiert. Dem muss ich unbedingt widersprechen. Ein fähiger Politiker hat es nicht nötig, den Nachbarn brachial zu überfallen oder – wie geschehen – zu einem relativ frühen Zeitpunkt mit Atomwaffen zu drohen. Fähig sieht anders aus.
Das passt zu den während der hitzigen Diskussion gefallenen Aussagen, Putin reagiere ja nur auf den Westen, man müsse ihn verstehen. Ein Politiker, den man zu verstehen lernen muss, ist eben nicht fähig.
Insgesamt wurde viel in die Runde geworfen – aber auf die eigentliche Frage, ob man den geflüchteten Zivilisten helfen soll, gab’s keine Antwort. Vorträge, was ‚der Westen‘ alles falsch gemacht habe dagegen da capo ad libitum.
Mag ja sein – hat aber etwas von ‚ich hab’s ja schon immer gewusst‘ – und das klingt dann auch ein wenig zu sehr nach ‚Putin‘ hat doch recht. Und wo ziehen wir dann bitte die Linie? Lettland? Estland? Litauen? Polen? Slowakei?
Fest steht eben auch, daß der Russische Machthaber nicht nur ein autoritäres Unterdrückungsregime in seinem Land errichtet hat (das ist in der Tat erst mal nicht unser Bier), sondern daß er seinen Nachbarn überfallen und dem Rest der Welt mit dem Einsatz von Atomwaffen gedroht hat.
Da hilft es auch nicht, wenn auf die Historie verwiesen wird. Geschichte ist schon immer vom Wandel gekennzeichnet gewesen und wenn man sich nur den richtigen Zeitrahmen sucht, lässt sich so gut wie alles ‚historisch‘ begründen. Auch daß die Ukraine z.B. eigentlich (wegen der KuK Geschichte) zu Österreich gehört und keinesfalls zu Russland – oder zu Polen oder zu …….. was weiß denn ich.
Wenn man nur weit genug zurück geht, könnte man auch unser politisches System komplett infrage stellen – immerhin gab es lange Perioden ohne staatliche Einheit, in der Regionalfürsten das Sagen hatten ……… Ist natürlich aus heutiger Sicht absurd, verdeutlicht aber hoffentlich, daß Verweise auf eine wie immer geartete Vergangenheit im besten Fall unzulänglich sind.
Politik ist die Kunst, das ‚Jetzt‘ zu managen, die Weichen für die Zukunft zu stellen und nicht nach längst vergangenen Zeiten zu schielen. Letzteres nennt sich auch Revisionismus und ist zu recht verpönt.
Putin fühlt sich angepisst – mag ja sein, daß ihm so manches nicht gefallen hat in den letzten 30 Jahren. Der Weg einer gekonnten Diplomatie stand ihm die letzten 30 Jahre offen – auch wenn es möglicherweise ein Schwieriger geworden wäre. Aber den Nachbarn überfallen, um ‚dem Westen‘ eins auszuwischen? Geht’s noch?
Auch mir ist die Geschichte bekannt – aber das lenkt von der ursprünglich gestellten Frage ab, kann und will man dem Treiben des Moskauer Autokraten tatenlos zusehen?
In ähnlich irrationaler Weise werden auch die anderen Herausforderungen gerne diskutiert. Und ähnlich emotional wurde und wird – selbst von unseren Politikern agiert.
Der Klimawandel heißt jetzt immer häufiger gerne auch mal ‚Erderhitzung‘ – was soll diese Stimmungsmache?
Deutsche Politiker und ein Teil der Bevölkerung fühlen sich berufen, die Welt vor dieser ‚Erderhitzung‘ ernsthaft zu schützen. Wie rational ist denn das? Nehmen wir mal an, daß die Treibhausgas These alles vollständig erklärt – Deutschland ist für ca. 2% der weltweit ausgestoßenen Treibhausgase der Verursacher. Aber es wird so getan, als ob deren Reduzierung um fast jeden Preis die Welt retten wird. Dabei ist doch ziemlich unwidersprochen, daß Deutschland mit gewaltigen Anstrengungen vielleicht die Gesamtmenge mittelfristig wird halbieren können. Und diese 1% des Gesamtausstoßes werden dann die ‚Erderhitzung‘ stoppen?
Dieselben Politiker, die mit so viel Verve – auch um den Preis großer gesellschaftlicher Verwerfungen – gegen die ‚Erderhitzung‘ kämpfen, sind aber auch dafür verantwortlich, daß Deutschland perfekt funktionierende Kraftwerke (Atom und Kohle) abgeschaltet hat bzw. noch abschalten möchte. Das wäre ja ein sinnvoller Schritt, wenn sichergestellt würde, daß zeitnah tragfähige Alternativen zur Verfügung stehen. Davon sind wir derzeit noch meilenweit entfernt. Das Märchen von den unbegrenzt zur Verfügung stehenden ‚regenerativen‘ Energien ist eben das – eine märchenhafte Träumerei, die eben keineswegs beim derzeitigen Stand der Technik eine Grundlast fähige Versorgung gewährleistet. Was natürlich nicht heißt, daß wir nichts tun sollen – aber erst den Ast auf dem man sitzt abzusägen, bevor man eine praktikable Alternative hat, erscheint mir nicht klug.
Derzeit befinden wir uns in der Situation, das Wissen über Fallschirme zu haben. Niemand würde mit diesem Wissen allein aus einem Flugzeug springen und sich denken, bevor ich unten bin, werde ich schon einen Fallschirm kriegen. Genau das passiert aber derzeit bei der Energiewende.
Das haben unsere Politker – wenn auch widerwillig – erkannt und gaukeln uns vor, das ließe sich mit dem Bau von Gaskraftwerken lösen. Dafür wurde eine erhebliche Abhängigkeit von dem völlig unberechenbaren und gewaltbereiten Autokraten Putin billigend in Kauf genommen.
Ist das logisch????? Diese Frage möge sich jeder selbst beantworten.
Leider blasen auch etliche Medien in dieses Horn – je reißerischer und alarmistischer die Meldung, desto besser. Hilfreich ist das nicht. Hin und wieder ist auch in den Medien mal eine besonnene Stimme zu hören. Mehr davon, bitte!
Insgesamt wünsche ich mir weniger Agitation und mehr besonnenes Handeln.